/Der Tragödie zweiter Teil FAust Nun merke, wie der leidige Greif, Zerzerrt, zerzaust, nur Schaden findet Und mit gesenktem Löwenschweif, Zum Gipfelwald gestürzt, verschwindet. KAiser Sei's, wie gedeutet, so getan! Ich nehm' es mit Verwundrung an. MEphistopheles Dringend wiederholten Streichen Müssen unsre Feinde weichen, Und mit ungewissem Fechten Drängen sie nach ihrer Rechten Und verwirren so im Streite Ihrer Hauptmacht linke Seite. Unsers Phalanx feste Spitze Zieht sich rechts, und gleich dem Blitze Fährt sie in die schwache Stelle. - Nun, wie sturmerregte Welle Sprühend, wüten gleiche Mächte Wild in doppeltem Gefechte; Herrlichers ist nichts ersonnen, Uns ist diese Schlacht gewonnen! KAiser Schau! Mir scheint es dort bedenklich, Unser Posten steht verfänglich. Keine Steine seh' ich fliegen, Niedre Felsen sind erstiegen, Obre stehen schon verlassen. Jetzt! - Der Feind, zu ganzen Massen Immer näher angedrungen, Hat vielleicht den Paß errungen, Schlußerfolg unheiligen Strebens! Eure Künste sind vergebens. MEphistopheles Da kommen meine beiden Raben, Was mögen die für Botschaft haben? Ich fürchte gar, es geht uns schlecht. KAiser Was sollen diese leidigen Vögel? Sie richten ihre schwarzen Segel Hierher vom heißen Felsgefecht. MEphistopheles Setzt euch ganz nah zu meinen Ohren. Wen ihr beschützt, ist nicht verloren, Denn euer Rat ist folgerecht. FAust Von Tauben hast du ja vernommen, Die aus den fernsten Landen kommen Zu ihres Nestes Brut und Kost. Hier ist's mit wichtigen Unterschieden: Die Taubenpost bedient den Frieden, Der Krieg befiehlt die Rabenpost. MEphistopheles Es meldet sich ein schwer Verhängnis: Seht hin! gewahret die Bedrängnis Um unsrer Helden Felsenrand! Die nächsten Höhen sind erstiegen, Und würden sie den Paß besiegen, Wir hätten einen schweren Stand. KAiser So bin ich endlich doch betrogen! Ihr habt mich in das Netz gezogen; Mir graut, seitdem es mich umstrickt. MEphistopheles Nur Mut! Noch ist es nicht mißglückt. Geduld und Pfiff zum letzten Knoten! Gewöhnlich geht's am Ende scharf. Ich habe meine sichern Boten; Befehlt, daß ich befehlen darf! OBergeneral Mit diesen hast du dich vereinigt, Mich hat's die ganze Zeit gepeinigt, Das Gaukeln schafft kein festes Glück. Ich weiß nichts an der Schlacht zu wenden; Begannen sie's, sie mögen's enden, Ich gebe meinen Stab zurück. KAiser Behalt ihn bis zu bessern Stunden, Die uns vielleicht das Glück verleiht. Mir schaudert vor dem garstigen Kunden Und seiner Rabentraulichkeit. Den Stab kann ich dir nicht verleihen, Du scheinst mir nicht der rechte Mann; Befiehl und such uns zu befreien! Geschehe, was geschehen kann. MEphistopheles Mag ihn der stumpfe Stab beschützen! Uns andern könnt' er wenig nützen, Es war so was vom Kreuz daran. FAust Was ist zu tun? + MEphistopheles Es ist getan! - Nun, schwarze Vettern, rasch im Dienen, Zum großen Bergsee! grüßt mir die Undinen Und bittet sie um ihrer Fluten Schein. Durch Weiberkünste, schwer zu kennen, Verstehen sie vom Sein den Schein zu trennen, Und jeder schwört, das sei das Sein. FAust Den Wasserfräulein müssen unsre Raben Recht aus dem Grund geschmeichelt haben; Dort fängt es schon zu rieseln an. An mancher trocknen, kahlen Felsenstelle Entwickelt sich die volle, rasche Quelle; Um jener Sieg ist es getan. MEphistopheles Das ist ein wunderbarer Gruß, Die kühnsten Klettrer sind konfus. FAust Schon rauscht ein Bach zu Bächen mächtig nieder, Aus Schluchten kehren sie gedoppelt wieder, Ein Strom nun wirft den Bogenstrahl; Auf einmal legt er sich in flache Felsenbreite Und rauscht und schäumt nach der und jener Seite, Und stufenweise wirft er sich ins Tal. Was hilft ein tapfres, heldenmäßiges Stemmen? Die mächtige Woge strömt, sie wegzuschwemmen. Mir schaudert selbst vor solchem wilden Schwall. MEphistopheles Ich sehe nichts von diesen Wasserlügen, Nur Menschenaugen lassen sich betrügen, Und mich ergetzt der wunderliche Fall. Sie stürzen fort zu ganzen Haufen, Die Narren wähnen zu ersaufen, Indem sie frei auf festem Lande schnaufen Und lächerlich mit Schwimmgebärden laufen. Nun ist Verwirrung überall. Ich werd' euch bei dem hohen Meister loben; Wollt ihr euch nun als Meister selbst erproben, So eilet zu der glühnden Schmiede, Wo das Gezwergvolk, nimmer müde, Metall und Stein zu Funken schlägt. Verlangt, weitläufig sie beschwatzend, Ein Feuer, leuchtend, blinkend, platzend, Wie man's im hohen Sinne hegt. Zwar Wetterleuchten in der weiten Ferne, Blickschnelles Fallen allerhöchster Sterne Mag jede Sommernacht geschehn; Doch Wetterleuchten in verworrnen Büschen Und Sterne, die am feuchten Boden zischen, Das hat man nicht so leicht gesehn. So müßt ihr, ohn' euch viel zu quälen, Zuvörderst bitten, dann befehlen.