Der Tragödie zweiter Teil phorkyas Stehst du nun in deiner Großheit, deiner Schöne vor uns da, Sagt dein Blick, daß du befiehlest; was befiehlst du? sprich es aus. helena Eures Haders frech Versäumnis auszugleichen, seid bereit; Eilt, ein Opfer zu bestellen, wie der König mir gebot. phorkyas Alles ist bereit im Hause, Schale, Dreifuß, scharfes Beil, Zum Besprengen, zum Beräuchern; das zu Opfernde zeig' an! helena Nicht bezeichnet' es der König. + phorkyas Sprach's nicht aus? O Jammerwort! helena Welch ein Jammer überfällt dich? + phorkyas Königin, du bist gemeint! helena Ich? + phorkyas Und diese. + chor Weh und Jammer! + phorkyas Fallen wirst du durch das Beil. helena Gräßlich doch geahnt; ich Arme! + phorkyas Unvermeidlich scheint es mir. chor Ach! Und uns? + was wird begegnen? phorkyas Sie stirbt einen edlen Tod; Doch am hohen Balken drinnen, der des Daches Giebel trägt, Wie im Vogelfang die Drosseln, zappelt ihr der Reihe nach. phorkyas Gespenster! - Gleich erstarrten Bildern steht ihr da, Geschreckt, vom Tag zu scheiden, der euch nicht gehört. Die Menschen, die Gespenster sämtlich gleich wie ihr, Entsagen auch nicht willig hehrem Sonnenschein; Doch bittet oder rettet niemand sie vom Schluß; Sie wissen's alle, wenigen doch gefällt es nur. Genug, ihr seid verloren! Also frisch ans Werk. Herbei, du düstres, kugelrundes Ungetüm! Wälzt euch hieher, zu schaden gibt es hier nach Lust. Dem Tragaltar, dem goldgehörnten, gebet Platz, Das Beil, es liege blinkend über dem Silberrand, Die Wasserkrüge füllet, abzuwaschen gibt's Des schwarzen Blutes greuelvolle Besudelung. Den Teppich breitet köstlich hier am Staube hin, Damit das Opfer niederkniee königlich Und eingewickelt, zwar getrennten Haupts sogleich, Anständig würdig aber doch bestattet sei. chorführerin Die Königin stehet sinnend an der Seite hier, Die Mädchen welken gleich gemähtem Wiesengras; Mir aber deucht, der ältesten, heiliger Pflicht gemäß, Mit dir das Wort zu wechseln, Ur-Urälteste. Du bist erfahren, weise, scheinst uns gut gesinnt, Obschon verkennend hirnlos diese Schar dich traf. Drum sage, was du möglich noch von Rettung weißt. phorhyas Ist leicht gesagt: von der Königin hängt allein es ab, Sich selbst zu erhalten, euch Zugaben auch mit ihr. Entschlossenheit ist nötig und die behendeste. chor Ehrenwürdigste der Parzen, weiseste Sibylle du, Halte gesperrt die goldene Schere, dann verkünd' uns Tag und Heil; Denn wir fühlen schon im Schweben, Schwanken, Bammeln unergetzlich Unsere Gliederchen, die lieber erst im Tanze sich ergetzten, Ruhten drauf an Liebchens Brust. helena Laß diese bangen! Schmerz empfind' ich, keine Furcht; Doch kennst du Rettung, dankbar sei sie anerkannt. Dem Klungen, Weitumsichtigen zeigt fürwahr sich oft Unmögliches noch als möglich. Sprich und sag' es an. chor Sprich und sage, sag uns eilig: wie entrinnen wir den grausen, Garstigen Schlingen, die bedrohlich, als die schlechtesten Geschmeide, Sich um unsre Hälse ziehen? Vorempfinden wir's, die Armen, Zum Entatmen, zum Ersticken, wenn du, Rhea, aller Götter Hohe Mutter, dich nicht erbarmst. phorkyas Habt ihr Geduld, des Vortrags langgedehnten Zug Still anzuhören? Mancherlei Geschichten sind's. chor Geduld genug! Zuhörend leben wir indes. phorkyas Dem, der zu Hause verharrend edlen Schatz bewahrt Und hoher Wohnung Mauern auszukitten weiß, Wie auch das Dach zu sichern vor des Regens Drang, Dem wird es wohlgehn lange Lebenstage durch; Wer aber seiner Schwelle heilige Richte leicht Mit flüchtigen Sohlen überschreitet freventlich, Der findet wiederkehrend wohl den alten Platz, Doch umgeändert alles, wo nicht gar zerstört. helena Wozu dergleichen wohlbekannte Sprüche hier? Du willst erzählen; rege nicht an Verdrießliches. phorkyas Geschichtlich ist es, ist ein Vorwurf keineswegs. Raubschiffend ruderte Menelas von Bucht zu Bucht, Gestad' und Inseln, alles streift' er feindlich an, Mit Beute wiederkehrend, wie sie drinnen starrt. Vor Ilios verbracht' er langer Jahre zehn; Zur Heimfahrt aber weiß ich nicht wie viel es war. Allein wie steht es hier am Platz um Tyndareos' Erhabnes Haus? wie stehet es mit dem Reich umher? helena Ist dir denn so das Schelten gänzlich einverleibt, Daß ohne Tadeln du keine Lippe regen kannst? phorkyas So viele Jahre stand verlassen das Talgebrig, Das hinter Sparta nordwärts in die Höhe steigt, Taygetos im Rücken, wo als muntrer Bach Herab Eurotas rollt und dann, durch unser Tal An Rohren breit hinfließend, eure sChwäne nährt. Dort hinten still im Gebirgtal hat ein kühn Geschlecht Sich angesiedelt, dringend aus cimmerischer Nacht, Und unersteiglich feste Burg sich aufgetürmt, Von da sie Land und Leute placken, wie's behagt. helena Das konnten sie vollführen? Ganz unmöglich scheint's.